Die Ressortforschung im Überblick
Die Bundesverwaltung vertraut auf den Beitrag der Forschung bei der Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und Herausforderungen. Aus diesem Grunde führt sie Forschungsarbeiten durch oder fördert sie. Die Forschung der Bundesverwaltung wird gemeinhin als «Ressortforschung» bezeichnet und zielt auf den Erwerb und den Ausbau von Kenntnissen ab, auf denen die politischen Strategien des Bundes basieren. Sie umfasst Tätigkeiten in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Demonstration, Evaluation und Erstellung von Expertisen.
Überblick
Die Ressortforschung greift Fragen der Gesellschaft zu bestehenden Problemen auf. Als orientierte, praxisnahe und in der Regel interdisziplinäre Forschung ist sie herausgefordert, in einem komplexen Umfeld rasch Lösungen auf konkrete Fragen zu entwickeln.
Sie liefert Beobachtungen, Analysen und Modelle und spielt eine zentrale Rolle bei der Konzeption politischer Strategien. Sie kann deren Wahl durch den Nachweis der Angemessenheit staatlicher Massnahmen legitimieren. Mittelfristig hilft sie dem Staat bei der Festlegung seiner strategischen Ausrichtung und dient der Früherkennung, indem sie gesellschaftliche Probleme sondiert, zu deren Lösung staatliche Massnahmen nötig sind.
Die Ressortforschung umfasst im Einzelnen
- die Erteilung von Forschungsaufträgen (Auftragsforschung);
- den Betrieb bundeseigener Forschungsanstalten (Forschung intra-muros);
- die Durchführung eigener Forschungsprogramme, namentlich in Zusammenarbeit mit Hochschulforschungsstätten, Forschungsförderungsinstitutionen wie dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der Innosuisse oder weiteren Förderorganisationen;
- Beiträge an Hochschulforschungsstätten für die Durchführung von Forschungsprojekten und ‑programmen.
Die Finanzmittel für die Ressortforschung werden von den Ämtern über das jährliche Budgetverfahren beim Parlament beantragt.
Die Ressortforschung richtet sich nach klaren gesetzlichen Grundlagen. Das Engagement des Bundes in der Forschung und Forschungsförderung wird durch Art. 64 der Bundesverfassung (SR 101) legitimiert, indem der Bund die wissenschaftliche Forschung und die Innovation fördert, bzw. Forschungsstätten errichten, übernehmen oder betreiben kann. Das Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und Innovation FIFG (SR 420.1) dient als Rahmengesetz für die Forschung der Bundesverwaltung. Neben der Verankerung im FIFG ist die Forschung der Bundesverwaltung auf spezialgesetzliche Bestimmungen abgestützt. In diesen werden einerseits direkte Evaluations-, Erhebungs-, oder Prüfungsaufträge formuliert, welche die entsprechenden wissenschaftlichen Arbeiten voraussetzen. Andererseits werden mit spezialgesetzlichen «kann»-Bestimmungen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, dass der Bund in spezifischen Bereichen Forschung mit Beiträgen (Subvention) unterstützen kann.
Zudem setzen Verpflichtungen aus internationalen Vereinbarungen Ressortforschung voraus. Die Forschung der Bundesverwaltung nimmt daher auch eine wichtige Rolle auf der internationalen Ebene ein.
Verantwortlichkeiten
Angesichts des breiten Spektrums von Problemen und Fragestellungen, die die Bundesverwaltung zu bewältigen hat, muss die Hauptverantwortung für die Ressortforschung bei denjenigen Departementen bzw. Bundesstellen liegen, welche mit entsprechenden Fachaufgaben betraut sind und daher die gesellschaftlichen Bedürfnisse kennen. Sie sind am besten in der Lage, eine Problematik in konkrete Fragen zu fassen, deren Beantwortung eine Lösung vorantreiben kann.
Koordinationsausschuss
Der übergeordneten Koordination der Ressortforschung wird ein besonderes Gewicht beigemessen. Die Hautverantwortung trägt der über das FIFG gesetzliche abgestützte permanente interdepartementale Koordinationsausschuss für die Ressortforschung des Bundes (Koordinationsausschuss-RF).
In dem durch ein Direktionsmitglied des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) geleiteten Koordinationsausschuss-RF nehmen Vertretungen der Direktionen oder Geschäftsleitungen der Bundesämter mit eigener Forschung und der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) Einsitz sowie je eine Vertretung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) und des Rats der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH-Rat).
Der Koordinationsausschuss gewährleistet insbesondere die strategische Koordination der Forschung der Bundesverwaltung, stimmt das Verfahren zur Ausarbeitung der mehrjährigen Programme ab und erlässt Richtlinien zur Qualitätssicherung. Unterstützt wird er von einer Arbeitsgruppe, die die Forschungsverantwortlichen der meisten in der Ressortforschung aktiven Ämter vereint. Ziel dieser Koordination ist es, Redundanzen zu vermeiden, Synergien zu nutzen und einen für die involvierten Akteure gewinnbringenden Austausch zu Best Practices hinsichtlich der Qualität und Wirksamkeit der Forschung sicherzustellen.
Strategische Planung
In der Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) präzisiert der Bundesrat jeweils die Ziele und konkreten Massnahmen für die Ressortforschung. Die Ressortforschung der Bundesverwaltung muss nicht nur die wichtigsten Herausforderungen für die Gesellschaft von morgen frühzeitig erkennen, sondern auch rasch auf aktuelle Krisensituationen reagieren können. Diese doppelte Aufgabe macht eine gezielte Planung der Forschungstätigkeiten schwierig.
Dennoch muss die Bundesverwaltung in einer strategischen Perspektive die grundlegenden Forschungsbereiche bestimmen, in die investiert werden soll, um den aktuellen und künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Im Rahmen dieser Analyse gilt es zu prüfen, welche Forschungskapazitäten in den jeweiligen Bereichen in der Schweiz bereits vorhanden sind oder noch fehlen. Diese Prüfung gibt die Gelegenheit, ein Bild der bestehenden Kompetenzzentren (beispielsweise im Hochschulbereich) zu zeichnen und die entsprechenden Stärken und Schwächen zu erkennen.
Die Forschung der Bundesverwaltung wird im Interesse der guten Koordination und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Bundesstellen nach politischen Bereichen gegliedert. Die Politikbereiche, für die eine strategische Forschungsplanung zu erstellen ist, werden vom Bundesrat im Rahmen der jeweiligen BFI-Botschaft festgelegt. Dazu erarbeiten die betroffenen Bundesstellen unter der Leitung einer federführenden Bundesstelle und unter gezieltem Einbezug externer Expertise (in der Regel eine wissenschaftliche Begleitkommission/-gruppe) vierjährige Forschungskonzepte.
Diese Forschungskonzepte sind prägnante und umfassende Strategiedokumente. Sie dienen der Information von interessierten und betroffenen Forschungsakteuren innerhalb und ausserhalb des Bundes sowie der öffentlichen Hand generell. Sie unterstützten die Koordination der Forschung und stellen ein Instrument der Planung und Legitimierung der Forschungstätigkeit des Bundes dar.
Die strategische Planung der Ämter erfordert eine fundierte Unterstützung durch international anerkannte Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft. Zu diesem Zweck wurden nach dem Vorbild der Eidgenössischen Energieforschungskommission CORE Begleitkommissionen in verschiedenen Politikbereichen gebildet. Die wissenschaftlichen Begleitkommissionen tragen zur Erstellung des Überblicks über den aktuellen Stand der Forschung bei und leisten einen Beitrag zur Identifizierung gesellschaftlicher Herausforderungen und Problematiken (Prioritätensetzung). Zudem dienen sie als Bindeglied zu weiteren betroffenen und interessierten Akteuren und beurteilen die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz, die Angemessenheit des Ansatzes und den potenziellen Nutzen der vorgeschlagenen Forschungsvorhaben.
Wettbewerb und Kooperation
Ressortforschung wird einerseits als Intramuros-Forschung betreiben, bspw. durch die bundeseigenen Forschungsanstalten wie Agroscope oder Bundesstellen wie MeteoSchweiz, armasuisse oder METAS. Andererseits wird sie im Rahmen von Auftrags- und Beitragsforschung vom Privatsektor bzw. von den Hochschulen durchgeführt. Bei der Vergabe von Aufträgen folgt die Bundesverwaltung in der Regel dem Prinzip des freien Wettbewerbs.
Vergabeverfahren: Die Projekte werden gemäss dem Bundesgesetz, bzw. der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (SR, 172.056.1; SR 172.056.11) öffentlich ausgeschrieben und die Eingaben nach den Kriterien Fachkompetenz, Qualität und Kosten beurteilt. Bei Beiträgen wird nach dem Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgeltungen (SuG, SR 616.1) sowie den spezialgesetzlichen Regelungen verfahren. Bei umfangreichen Projekt- oder Programmausschreibungen schliesst die Auswahl ein Peer- Review-Verfahren ein (Beurteilung durch unabhängige Expertinnen und Experten).
Kooperation mit dem Hochschulbereich: Zur Entwicklung einer anerkannten Fachkompetenz und zur Gewährleistung ausreichender Forschungskapazitäten in bestimmten Bereichen ist es jedoch zwingend, mit einigen Forschungseinrichtungen, insbesondere mit jenen des ETH-Bereichs, dauerhafte und bevorzugte Beziehungen aufzubauen. Diese nicht ausschliesslichen Partnerschaften bieten einen deutlichen Mehrwert, da die Forschungseinrichtungen dank ihrer Infrastruktur, ihren personellen und materiellen Mitteln sowie ihrer Bereitstellung von Kenntnissen und Fachkompetenzen eine Dienstleistung erbringen können, die über ein einzelnes Forschungsmandat hinausgeht.
Auch die Forschungseinrichtungen profitieren von einer langfristigen Partnerschaft mit der Bundesverwaltung, da diese die Weiterentwicklung spezifischer Forschungsbereiche ermöglicht, welche die Forschungseinrichtungen ohne Unterstützung nicht gewährleisten können. Leistung und Mehrwert dieser Partnerschaften werden regelmässig geprüft und evaluiert. Auf diese Weise spielt die Ressortforschung eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung und Weiterentwicklung der Forschungskapazitäten in Bereichen, die für das Wohl des Landes zentral sind, wie beispielsweise in der Raumentwicklung oder der Energieversorgung.
Kooperation mit Förderorganen: Die Förderorgane, der Schweizerischer Nationalfonds SNF und Innosuisse, verfügen über professionalisierte Evaluationsprozesse und ‑netzwerke, die durch die Bundesstellen mit Ressortforschung vermehrt genutzt werden sollen. Ein Beispiel einer erfolgreichen Kooperation ist die Zusammenarbeit zwischen SNF und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA: beim Programm Solution-oriented Research for Development SOR4D erfolgt die Finanzierung durch die DEZA im Rahmen seiner Ressortforschung, während Ausschreibungen, Evaluationen und das Projektmanagement durch den SNF abgewickelt werden.
Abgrenzung zwischen Ressortforschung und Forschungsförderung durch die Förderorgane: Die Investitionen in die Ressortforschung zielen nicht auf die Forschungsförderung, sondern auf die Ausführung von Forschung zur gezielten Bewältigung grundsätzlicher Herausforderungen. Aus politischen Sachzwängen heraus werden Ergebnisse häufig innerhalb kurzer Fristen benötigt, die mit den Zeitrahmen in der freien Forschung nicht zu vereinbaren sind. Folglich unterscheidet sich die Forschung der Bundesverwaltung von der Forschungsförderung des SNF oder der Innosuisse.
Bei der Analyse bedeutender gesellschaftlicher Fragestellungen hingegen, die einen breiteren Ansatz und eine grössere Öffnung erfordern und weniger dringlich sind, erweist sich der Beitrag der verstärkt akademisch orientierten, freien Forschung als ausserordentlich fruchtbar. Hier kommt in erster Linie das Instrument der Nationalen Forschungsprogramme (NFP) zum Einsatz, die vom Bundesrat beauftragt und vom SNF durchgeführt werden. Die Auswahl der NFP und die strategische Bestimmung der Prioritäten der Ressortforschung werden eng aufeinander abgestimmt.
Qualitätssicherung
Unabhängig davon, ob das Forschungsvorhaben nach den Regeln des freien Wettbewerbs vergeben wird oder im Rahmen einer langfristigen Kooperation erfolgt, die Investitionen in die Forschung der Bundesverwaltung orientieren sich stets an den Kriterien der Qualität, Wirksamkeit und des Nutzens.
Das Qualitätssicherungskonzept in der Ressortforschung basiert auf den drei Pfeilern Forschungsmanagement, Berichterstattung/Reporting und Wirksamkeitsprüfung/Evaluation.
Beim Forschungsmanagement sind die strategische Planung, transparente Verfahren bei den Vergabeverfahren, die Projektinformation im öffentlich zugänglichen Forschungsinformationssystem ARAMIS, die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse sowie die Forschungsbegleitung zentral.
Die Hauptverantwortung für die Qualitätssicherung liegt bei den Ämtern, die sich nach den Standards und Grundsätzen (Qualitätssicherungsrichtlinien) richten, die vom Koordinationsausschusses-RF erlassen werden:
Die Forschungsergebnisse werden systematisch veröffentlicht und ausgewertet, und jedes Forschungsprojekt wird unter Anwendung spezifischer Evaluationskriterien beurteilt. Ferner kann der Gesamtprozess, von der Ausschreibung bis hin zur Veröffentlichung der Forschungsergebnisse, im Informationssystem ARAMIS eingesehen werden. Insbesondere stellt ARAMIS Informationen über den Inhalt der Forschungsprojekte, die Wahl der Auftragnehmer und die finanziellen Rahmenbedingungen zur Verfügung.
Die Nutzung der Forschungsresultate wird gemäss ex-post Evaluationskriterien analysiert und nach Möglichkeit in den Abschlussberichten/Kurzfassungen über die durchgeführten Forschungsprojekte oder in separaten Stellungnahmen zu den Forschungsergebnissen dargelegt. Die entsprechenden Dokumente werden im Informationssystem ARAMIS abgelegt.
Im Bestreben, eine möglichst breite Öffentlichkeit umfassend über die Ressortforschung zu informieren, ergreift die Bundesverwaltung eine Reihe von Massnahmen:
- Publikation Forschungskonzepte,
- Überblick über die Ressourcen,
- öffentliche Ausschreibung der Projekte nach klar definierten Regeln,
- Transparenz in Bezug auf Projektinhalte, Auftragnehmer sowie Ressourcen mit Hilfe des Informationssystems ARAMIS,
- systematische Veröffentlichung der Forschungsergebnisse.
Dokumente
Inhaltsverzeichnis
Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI
Luca Tratschin